Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht:
Die Willenserklärung für den Fall der Fälle
Die Befassung mit der Eventualität einer plötzlichen Erkrankung oder eines gravierenden Unfalls und der damit verbundenen Unmöglichkeit der Äußerung des eigenen Willens geht stets mit unangenehmen Gefühlen einher. Für derartige Fälle sieht der Gesetzgeber die sogenannte Patientenverfügung vor: Sie ermöglicht es, Angehörige oder Dritte mit der Entscheidungsbefugnis zu bevollmächtigen, sollte man selbst nicht mehr dazu in der Lage sein. Was es genau damit auf sich hat, klärt der nachfolgende Text.
Begriffsbestimmung
Definitionsgemäß handelt es sich bei einer Patientenverfügung um eine schriftliche Vorausverfügung. Das bedeutet, es wird für etwas in der Zukunft Angesiedeltes verfügt und festgelegt, was im Rahmen medizinischer Eingriffe zu berücksichtigen ist, sollte die Formulierung des eigenen Willens unmöglich werden. Im Regelfall befasst sich die Patientenverfügung damit, was konkret passieren soll, wenn der Sterbevorgang unmittelbar bevorsteht und nicht mehr abwendbar ist. Während die Allermeisten in diesem Schriftstück eine künstliche Lebensverlängerung ausschließen, bleibt indes auch die Bestimmung lebenserhaltender Maßnahmen möglich. Insgesamt besteht eine ganze Reihe an möglichen Konstellationen, innerhalb welchen eine solche vorhandene Verfügung dienlich ist. An dieser Stelle kann beispielsweise auf Sachverhalte verwiesen werden, bei welchen sich der Patient im Endstadium einer letalen Krankheit befindet.
Oberstes Ziel der Patientenverfügung ist in der Berücksichtigung des Willens des Betroffenen im Rahmen des weiteren Behandlungsverfahrens zu erblicken. Diesbezüglich richtet sie sich in erster Linie an die behandelnden Ärzte. Doch auch etwa für Familienangehörigen und etwaigen, gerichtlich bestellten Betreuern kann sie von Relevanz sein: Diese können sich in der Lage wiederfinden, für den Patienten eine Entscheidung fällen zu müssen.
Es besteht keine gesetzliche Obliegenheit zum Verfassen einer Patientenverfügung. Ferner handelt eine Versicherung, welche den Betroffenen vor Vertragsschluss zum Aufsetzen eines solchen Dokuments verpflichtet, nicht rechtmäßig.
Vorsorgevollmacht – Betreuungsverfügung – Patientenverfügung
Von der Patientenverfügung ist die Vorsorgevollmacht abzugrenzen, welche eine Person dazu autorisiert, in einer Notsituation spezielle Aufgaben zu übernehmen. Sie betrifft sämtliche Rechtsgebiete, etwa in Sachen Wohnung, Vermögensvorsorge oder Vertretung bei einem Gerichtsprozess. Auch eine Bevollmächtigung für die Gesundheitssorge bleibt hierbei möglich.
Es ist durchaus empfehlenswert, sowohl Patientenverfügung als auch Vorsorgevollmacht aufzusetzen. Die Bundesnotarkammer argumentiert diesbezüglich mit der Tatsache, dass der Bevollmächtigte zur Realisierung der Festlegungen der Verfügung verpflichtet ist. Fehlt es an einer solchen Person, so wird das Gericht einen gesetzlichen Betreuer bestellen.
Des Weiteren ist zwischen Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung zu differenzieren. Letzteres legt nieder, welche Person im Falle der Unfähigkeit des Vollmachtgebers konkrete Tätigkeiten auszuführen und Entschlüsse zu fassen hat, wobei der entsprechende Betreuer vom Gericht benannt wird. In einigen Fällen liegt hierbei eine Geschäftsunfähigkeit vor. Insgesamt hat der Betreuer die Vorschläge und Ansinnen des Betroffenen zu berücksichtigen. Des Öfteren bildet die Betreuungsverfügung eine Komponente der Vorsorgevollmacht, womit eine separate Betreuungsverfügung entbehrlich wird.
Achtung: Die Mutmaßung, dem Ehepartner oder dem Kind komme ohne weiteres Zutun ein Entscheidungsrecht im Falle der eigenen letalen Erkrankung zu, ist unzutreffend. Stattdessen wird eine entsprechende Bevollmächtigung erforderlich. Fehlt es an dieser, so muss zunächst die Antragstellung bei Gericht erfolgen. Dies kann – je nach Schwere der fortschreitenden Leiden des Patienten – zeittechnisch nachteilige Auswirkungen haben, besonders wenn rascher Handlungsbedarf angezeigt ist. Eine vorherig verfasste Patientenverfügung kann dem entgegenwirken.
Rechtsgrundlage
Das Betreuungsrecht findet seine Rechtsgrundlagen seit der Gesetzesänderung zum 1. September 2009 im allgemeinen zivilrechtlichen Auffangwerk, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). § 1901a BGB reglementiert dabei die Patientenverfügung und legt fest, dass, in Ermangelung einer solchen Verfügung, stattdessen auf den zu ermittelnden, mutmaßlichen Willen des Patienten abzustellen ist, wobei aber handfeste Indizien vorliegen müssen.
Diese können gemäß § 1901a Abs. 2 BGB in Gestalt einstig getätigter Aussagen des Patienten auftreten oder etwa auf dessen religiösen bzw. ethischen Einstellungen zurückgeführt werden. § 1901b BGB legt dabei nieder, dass zur Erforschung des Patientenwillens dessen nahe Verwandtschaft und Bezugspersonen mit einzubeziehen sind. Der behandelnde Mediziner ergründet zusammen mit dem Bevollmächtigten bzw. dem Betreuer, welche konkreten medizinischen Schritte einzuleiten sind.
Voraussetzungen
Nach § 1901 a BGB bedarf es zum Formulieren einer Patientenverfügung der Volljährigkeit. Ferner sind die schriftliche Abfassung sowie die persönliche Unterzeichnung zwingende Voraussetzungen. Ist letztgenanntes unmöglich, so genügt indes auch ein Handzeichen durch einen Notar. Schließlich muss der Betroffene mit dem Charakteristikum der Einwilligungsfähigkeit behaftet sein: Diese ist laut Bundesärztekammer dann nicht gegeben, wenn es krankheitsbedingt und / oder einer Behinderung geschuldet an Urteils- und Einsichtsfähigkeit mangelt, so dann die Folgen und Dimensionen der Patientenverfügung nicht überschaut werden können. Die Geschäftsfähigkeit ist hierbei unbeachtlich.
Eine notarielle Beglaubigung der Patientenverfügung ist nicht obligatorisch und nur bei Unmöglichkeit der eigenhändigen Signatur angezeigt.
Oral getätigte Aussagen werden nicht durch eine derartige Verfügung verdrängt, sondern gelten weiterhin und sind im Fall der Fälle einzubeziehen. Ihre Validität verliert die Patientenverfügung nur dann, wenn sie aktiv widerrufen wird oder ihr von vornherein ein Ablaufdatum beigemessen wurde. Ratsam ist dennoch eine erneute Setzung der Unterschrift in regelmäßigen Zeitabständen, um anzuzeigen, dass der niedergelegte Wille noch aktuell ist. Letztlich muss das Aufsetzen der Verfügung ohne Zwang und Druck vonstattengehen.
Weitere Informationen zur Patientenverfügung finden Sie unter
www.anwalt.org/patientenverfuegung/