In der gesamten Menschheitsgeschichte bildeten sich die unterschiedlichsten Rituale beim Tod von Menschen heraus, abhängig vom Stand der gesellschaftlichen Entwicklung, der wissenschaftlichen Erkenntnisse und von religiösen und ethnischen Einflüssen. Jede Gesellschaft hat auch ihre eigene Bestattungs- und Trauerkultur zur Trauerbewältigung hervorgebracht.
Noch das 19. Jahrhundert war in Deutschland geprägt durch die maßgeblich von den christlichen Kirchen vorgenommene Sargbestattung und die dazugehörige Trauerfeier am Sarg unter Federführung eines Geistlichen. Erst im Ergebnis der Forderungen und Aktionen der Freidenkerbewegung wurde Anfang des vergangenen Jahrhunderts die Feuerbestattung in Deutschland gesetzlich erlaubt und setzte sich in den folgenden Jahrzehnten immer mehr durch. Die Trauerfeier ist als Spiegelbild unserer Kultur zu begreifen. In Deutschland sind Trauerfeiern ganz überwiegend öffentliche Veranstaltungen, die an den Friedhöfen auch optisch mit Datum, Zeit und Namen angezeigt werden.
Wesentliche Feierrituale der Sargbestattung
Die Sargfeier mit der Erdbestattung wird nach wie vor maßgeblich von den religiös gebundenen Menschen gern angenommen. Diese Feiern finden meist auf den kirchlichen Friedhöfen statt. Die Regie führt dann wohl intensiver die für den Friedhof zuständige Kirchengemeinde und ihr Pfarrer oder Pastor z. T. mit weiterem kirchlichen Personal in Zusammenarbeit mit dem Bestatter.
Aber inzwischen sind solche Feiern auch auf kommunalen Friedhöfen nichts Ungewöhnliches. Umgekehrt hat es sich in Berlin und Brandenburg weitgehend durchgesetzt, dass auch die weltlichen Feiern auf den kirchlichen Friedhöfen sowohl als Sarg- als auch als Urnenfeiern stattfinden können. Die kirchliche Trauerfeier wird bestimmt von den jeweiligen religiösen Vorschriften und Gebräuchen, wozu u.a. die Kerzen, Blumengebinde, die kirchenmusikalische Begleitung, meist durch die Orgel, die Andacht, die Gebete, die Gesänge und das Läuten der Glocken gehören. Diese Feiern finden in den Trauerhallen entweder am geöffneten oder am geschlossenen Sarg statt, denen nach der Hallenfeier die eigentliche Beerdigung folgt.
Die endgültige Abschiednahme erfolgt dann nach der Ankunft der Sargträger an der letzten Ruhestätte symbolisch durch einen Erdwurf auf den durch die Sargträger herabgelassenen Sarg oder durch den Einwurf von Blumen. Bei einer kirchlichen Feier wird auch der Geistliche die letzten Worte am Grabe sprechen. Dann erfolgen die Abschiednahme der Trauergäste an der Gruft und die Kondolenzen. Erst danach ist die Trauerfeier beendet. Das Grab wird grundsätzlich nach Beendigung der Trauerfeier vom Friedhofspersonal geschlossen.
Die Urnenfeier und die Beisetzung
Diese Art der Trauerfeier wird vorwiegend von nicht religiös gebundenen Menschen gewählt, was eine kirchliche Feier mit der Urne nicht ausschließt. Für weltlichen Feiern werden in der Regel in freier Auswahl Musik und ein Trauerredner bestellt, der entweder empfohlen, im Internet gesucht oder vom Bestatter vermittelt wurde. Einige der traditionellen Elemente der ursprünglich nur kirchlichen Sargfeier haben sich auch in der Urnenfeier erhalten, wie die Eingangsmusik beim Betreten der Feierhalle und die Ausgangsmusik beim Verlassen der Halle. Auch die Blumengebinde werden vom Friedhofspersonal entgegengenommen und vor der Urne mit einer bestimmten Ordnung abgelegt. Die Kerzen in der Trauerhalle werden ebenfalls angezündet. Auf Wunsch stellt der Bestatter ein Kondolenzbuch vor der Trauerhalle bereit, in welches sich die Trauergäste eintragen.
Anstelle der Andacht ergreift nun der Trauerredner an einem gesonderten Rednerpult das Wort und anstelle der religiösen Gebete und Gesänge wird nach der Trauerrede ein weiteres musikalisches Stück, meist von einer CD gespielt, oftmals ein Lieblingsstück der/des Verstorbenen oder von dessen Lieblingskomponisten. Danach wird – wenn die Hinterbliebenen ihre Blumengebinde aufgenommen haben – der Mitarbeiter des Friedhofes an die Urne herantreten, sich verbeugen und mit der Urne langsam durch ein Spalier der Trauergäste die Halle verlassen, gefolgt von den Hinterbliebenen, an der Spitze die engsten Angehörigen. Manchmal wünschen sich die Hinterbliebenen einer weltlichen Feier auf einem kirchlichen Friedhof auch ein Glockengeläut.
Wenn die Zeit ausreicht, werden in der weltlichen Feier gelegentlich nach der Rede auch zwei Musikstücke von der CD gespielt, während die Trauergäste auf ihren Plätzen verweilen. Die Zeit für die Hallenfeier beträgt je nach Friedhof in der Regel 25 bis 30 Minuten, kann aber kostenpflichtig auch verlängert werden.
Bei der gesamten Feier führt der Bestatter oder in dessen Vertretung der Bestattungsbegleiter im Zusammenwirken mit dem Trauerredner und dem Mitarbeiter des Friedhofes die Regie. Die Hinterbliebenen sollten bei der Beauftragung des Bestatters darauf bestehen, dass dieser oder der Bestattungsbegleiter selbst während der gesamten Feier anwesend ist und nicht etwa nur die Urne bereitstellt und den weiteren Ablauf dem Trauerredner und dem Friedhof überlässt.
Die Veränderung von Ritualen im Wandel der Bestattungs- und Trauerkultur
Gegenwärtig erleben wir einen stark beschleunigten Wandel der Bestattungs- und Trauerkultur, vor allem durch die fortschreitende Säkularisierung und nicht zuletzt durch die Globalisierung und die Einflüsse der Europäisierung der kulturellen Entwicklung in den Staaten der EU. Am deutlichsten zeigen sich die seit einigen Jahren einsetzenden Veränderungen bei der weltlichen Urnenbestattung. Man darf davon ausgehen, dass sich in diesem Bereich auch künftig noch weitere Neuerungen durchsetzen werden und sich die gesamte Gestaltung der Trauerfeiern noch flexibler entwickelt. Immer mehr unbegründete Tabus lösen sich auf. Hier bricht sich der Gedanke Bahn, dass der Tod zu unserem Leben gehört.
Bei den Hallenfeiern zeigt sich dies besonders in der musikalischen Gestaltung der Abläufe. Immer weniger begnügen sich die Hinterbliebenen mit den von den Bestattern angebotenen und auf Listen fixierten Musikstücken. In den Familien der Hinterbliebenen wird gründlicher darüber nachgedacht.
Die in der Vergangenheit immer wieder angebotene Trauermusik, wie das Air von J. S. Bach, das Largo von G. F. Händel, die Träumerei von R. Schumann oder das Feierabendlied spiegeln bei Weitem nicht die Möglichkeiten unserer großen Traditionen der Musikkultur wieder.
Es wäre falsch, anzunehmen, man könne auf Tauerfeiern nur Musik spielen, die aus Anlass von Trauer komponiert wurde. Den bisherigen traditionellen Angeboten steht eine gewaltige Auswahl von geeigneten klassischen Stücken von einer Zeitdauer zwischen 3 und 4 Minuten gegenüber, die noch viel zu wenig genutzt werden. Auch aus dem Bereich von Rock und Pop sowie des Chansons und weiterer Genres steht den Hinterbliebenen genügend musikalisches Material zur Verfügung. In größerem Umfang nutzen Hinterbliebene das große CD – Angebot und entwerfen eigene Ideen für die musikalische Ausgestaltung von Trauerfeiern. Grenzen sind hier praktisch nur durch den Zeitablauf gesetzt.
Mit der Musikauswahl kann durchaus auch mehr auf die Intentionen der Toten eingegangen werden und es ist möglich, stärker Zusammenhänge mit der Trauerrede herzustellen und intensiver auf das Gefühlsleben der Verstorbenen und Hinterbliebenen einzugehen. Einzelne musikalische Vorträge mit kurzen solistischen Darbietungen oder das Vortragen von Gedichten oder persönlichen Erinnerungen aus dem Kreis von Freunden und Bekannten können die Trauerfeier bereichern und bestimmte Aussagen der Trauerrede bekräftigen. Zusätzliche Kerzenkombinationen ergänzen die Ausgestaltung der Feierhalle.
Der Trompeter bei der Abschiednahme am Grabe wird zunehmend mehr gewünscht. In der Vergangenheit war erhebliche Zurückhaltung von Hinterbliebenen bei der Mitnahme von Kindern ab dem schulfähigen Alter zu Trauerfeiern bestimmend. Auch hierbei entfalten sich neue Überlegungen. Erfahrungen belegen, dass diese Kinder, wenn mit ihnen zuvor einfühlsam gesprochen wird, sehr wohl in der Lage sind, die Trauer auf ihre ganz kindliche Weise nachzuvollziehen. Deshalb ist es sinnvoll, die Enkel und Urenkel von Verstorbenen aktiv in die Trauerfeier einzubeziehen. Sie können zum Beispiel ein Bild über schöne Erlebnisse mit der/dem Verstorbenen malen, selbst vor die Urne in der Feierhalle stellen und anschließend am Grab in die Gruft einbringen. In gleicher Weise könnte auch mit einem Spielzeug verfahren werden oder es kann ein Brief über das Gedenken geschrieben werden. Der Möglichkeiten gibt es viele, sie müssen nur ausgeschöpft werden. Höhere Anforderungen werden auch an die Floristen gestellt. Kränze finden kaum noch Verwendung. Die Blumengebinde sind kleiner, aber schöner und vielgestaltiger geworden. Eine einzelne Rose in der Hand der Trauergäste ist auch ein angemessenes Symbol der Anteilnahme.
Die Bekleidung der Trauergäste hat sich aufgelockert. Man sieht nicht mehr nur ausschließlich die schwarze Farbe, sondern auch andere festliche modische Kombinationen sind möglich geworden.
Manche Familien schließen die Abschiednahme am Grabe damit ab, dass sie an diesem Ort gemeinsam mit einem Glas Sekt auf die/den Verstorbene(n) anstoßen. Dies ist jedoch kein Ritual, dass sich bereits allgemein durchgesetzt hätte. In jedem Fall sollten sich die Hinterbliebenen mit der Friedhofsleitung über einen solchen Abschied zuvor abgestimmt haben.
Obwohl der Gedanke nicht neu ist, im Anschluss an die offizielle Trauerfeier im separaten Raum eines Restaurants mit den nächsten Angehörigen und Freunden einen Trauerimbiss oder Trauerschmaus einzunehmen, soll an dieser Stelle auf dessen Bedeutung für die Trauerarbeit hingewiesen werden. Eine bestimmte Verspannung in der Trauerhalle des Friedhofes löst sich schnell und weicht einem entspannten Erinnern an die/den Verstorbene(n) beim dampfenden Kaffee. Hier kann über eine lustige Episode natürlich auch gelacht werden.
Auf den kommunalen Friedhöfen wird mehr darüber nachgedacht, dass bisher obligatorische Kreuz flexibel bei weltlichen Trauerfeiern mit geeigneten Stoffen zu verhängen, was dem Wunsch der nicht religiös orientierten Menschen entgegenkommt.
Abschließend wird auf Angebote hingewiesen, Trauernden zu gemeinsamen Zusammenkünften in Trauercafés Gelegenheit zu geben, sich untereinander über ihre Trauerbewältigung auszutauschen oder solche Kreise zu einer gemeinsamen Reise zu initiieren.
Wer sich über den generellen Wandel der Bestattungs- und Friedhofskultur informieren möchte, der sei auf den jährlichen bundesweiten Tag des Friedhofs am dritten Sonntag im September hingewiesen. Dieser Tag, der durch ein buntes und kulturell anregendes Programm mit vielen Informationsmöglichkeiten charakterisiert ist, wurde 2012 bereits zum 11. Mal auf einem der Berliner Friedhöfe mit einem Besucherrekord begangen.