Das Erbrecht in seinen Grundzügen

Erbrecht – Testament, gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil
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Es ist eine Materie, mit welcher sich kaum einer gern beschäftigt: Die Rede ist vom Erbrecht – einer zutiefst beziehungsreichen Disziplin, welche von Interferenzen mit anderen Rechtsgebieten geprägt ist. Einer Beschäftigung mit diesem Bereich tritt vielfach eine intensive Gefühlsaufwallung hinzu, was eine zielgerichtete Auseinandersetzung nicht unerheblich erschweren kann. Zudem vermag die Komplexität der vom Gesetzgeber definierten erbrechtlichen Begriffe und Vorschriften zur vermeintlichen Undurchschaubarkeit beizutragen. Der nachfolgende Text bietet eine erste Stütze im Rahmen der Heranführung an dieses Rechtsgebiet und stellt die wichtigsten Begriffe vor.

Gesetzesgrundlagen

Das Feld des Erbrechts subsumiert all die Reglementierungen, welche die Überführung von Rechten, Pflichten und des Nachlasses auf den oder die Erben betreffen, unter sich. Das Grundgesetz (GG) garantiert dabei das grundsätzliche Recht zur Vererbung. Erbrechtliche Vorschriften finden sich insgesamt in vielerlei Gesetzeswerken wieder, doch verkörpert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) dabei das allgemeine Reglement des Zivilrechts – die entsprechenden erbrechtlichen Normen sind hier in den §§ 1922 - 2385 BGB fixiert.

Die sogenannte Testierfreiheit wird in § 2229 BGB festgehalten: Hiernach sind alle in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen zur Aufsetzung eines letzten Willens legitimiert, wobei jedoch vereinzelte Ausnahmen bestehen. So bleibt die Formulierung der letztwilligen Verfügung unter 16-Jährigen sowie Personen mit krankhaften oder bewusstseinsbezogenen Störungen oder Geistesschwächen verwehrt. In diesen Fällen finden Sonderregelungen ihre Anwendung. Minderjährige etwa können im Wege notariellen Beistandes ein Testament aufsetzen. Das Behindertentestament legt für diejenigen, die unter derartigen Beeinträchtigungen leiden, die weiteren Fürsorge- und Pflegebestimmungen im Falle des Ablebens des Sorgetragenden fest.

Erbenbenennung und Gesamtnachfolge

Dem Erblasser steht es frei, sich seine Erben selbst auszuwählen und zu benennen. Den Gegenpol hierzu bildet die sogenannte Universalsukzession - auch bekannt als Gesamtnachfolge: Bei ihr fehlt es an einer expliziten Erbenbenennung im Rahmen eines Testaments; auch die damit einhergehende Übertragungsakte ist abwesend. In jedem Falle bedarf es allerdings stets der Erbfähigkeit des Nachlassempfängers; sie ist dann gegeben, wenn es sich um eine natürliche und rechtsfähige oder um eine juristische Person handelt. Weiterhin muss die infrage stehende Person zum Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers noch leben. Im Rahmen eines testamentarisch bestimmten Nachlasses findet eine ausdrückliche Bezeichnung des Nachlassempfängers statt, wohingegen die Erbenbenennung kraft Gesetzes dann zum Zuge kommt, wenn keine derartige Festlegung getroffen wurde oder das entsprechende Dokument ungültig ist. Damit tritt die gesetzliche Erbfolge als subsidiäre Auffangnorm in Erscheinung; sie muss einer individuellen Bestimmung durch den Erblasser weichen. Zu unterscheiden ist wie folgt:

  • Gesetzliche Erben 1. Ordnung (Nachwuchs und Abkömmlinge des Erblassers)
  • Gesetzliche Erben 2. Ordnung (Eltern des Erblassers sowie deren Kinder)
  • Gesetzliche Erben 3. Ordnung (Großeltern des Erblassers und deren Nachwuchs)
  • Gesetzliche Erben 4. Ordnung (Urgroßeltern des Erblassers sowie deren Nachwuchs)

Die eben gewählte Reihenfolge der verschiedenen gesetzlichen Erbenordnungen stellt indes auch die in der Praxis anzuwendende Abfolge dar. Ein Familienangehöriger kann so lange nicht erben, wie ein in der vorangehenden Ordnung kategorisierter Anverwandter noch am Leben ist. Insgesamt wird dem eigenen Kind immerzu Vorrang gewährt – unabhängig davon, ob noch Eltern, Nichten oder Neffen des Verstorbenen existieren. Erbansprüche sind für Schwiegereltern zur Gänze ausgeschlossen – dem steht die Erforderlichkeit gemeinsamer Ahnen entgegen. Für Adoptivkinder bestehen aber Sonderregelungen.

Erbanteil und Pflichtteil

Derjenige Quotient der Erbmasse, welcher, entsprechend der Determinierung des Erblassers, auf den von ihm benannten Nachlassempfänger übergehen soll, wird als Erbanteil bezeichnet. Hierbei steht es im Ermessen des Testators, wie hoch der zu vererbende Anteil sein soll; eine gesetzlich vorgeschriebene Beschränkung greift nicht. Doch wird dagegen der sogenannte Pflichtteil konkret vom Gesetzgeber festgesetzt; Ziel ist es, den Schutz naher Verwandter – Erben erster Ordnung – zu gewährleisten und deren Ausschluss vom Erbe zu verhindern. Lässt der Erblasser solche Angehörigen innerhalb seines Testaments unbedacht, so kommt diesen dennoch ein Mindestanteil an der Nachlassmasse zu. Der Pflichtteil charakterisiert sich als rein finanziellen Anspruch und beträgt 50 % des Erbanteils. Eine komplette Enterbung bleibt nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa im Falle einer vergangenen körperlichen Misshandlung des Erblassers durch den gesetzlichen Erben.

Der sogenannte Pflichtteilsverzicht – auch Erbverzicht genannt – zielt auf eine Ausgrenzung vom Erbanteil sowie Pflichtteil ab. Hierfür bedarf es zu Lebzeiten des Erblassers eines Kontraktabschlusses zwischen diesem und dem betreffenden, ansonsten berechtigten gesetzlichen Erben. Dieser Verzicht führt zum Entfallen sämtlicher Pflichtteilsansprüche und sollte demnach wohlüberlegt sein. Obligatorisch ist daher eine Beurkundung des jeweiligen Dokuments durch einen Notar.

Steuern nicht vergessen!

Nicht zu verschwitzen sind die Erbschaftssteuern: Sie sind im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) niedergelegt. Ob nun Schenkung oder Nachlass – der anzuwendende Steuersatz richtet sich stets nach dem entsprechenden Verwandtschaftsgrad. Hierbei sind insgesamt drei Steuerklassen zu unterscheiden. Zudem orientiert sich der steuerliche Freibetrag am Grad der Verwandtschaft.

Informationen zum Thema „Ehegattenerbrecht“ finden Sie unter www.scheidung.org/erbrecht-ehegatte/

Jenna Eatough (freie Journalistin für Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V.)
www.anwalt.org

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